Alles Wichtige zur Gleitzeit in Österreich (inkl. Gleitzeitvereinbarung zum Download)

Autor: Nina Zimmer
Kategorien: HR Wissen
Veröffentlicht:

Unsere Arbeitswelt unterliegt einem ständigen Wandel. Der Ruf nach Flexibilität und einer ausgewogenen Work-Life-Balance wird seitens der Arbeitnehmer immer lauter. Ein populäres Arbeitszeitmodell, das diesen Bedürfnissen gerecht wird, ist die Gleitzeit.

In Österreich gewinnt dieses Modell zunehmend an Beliebtheit, da es sowohl den Bedürfnissen der Mitarbeiter als auch den Anforderungen der Unternehmen oft gleichermaßen entgegenkommt.

Gleitzeit in Österreich

In diesem Beitrag erhalten Sie alle wichtigen Informationen zur Gleitzeit in Österreich: Definition, rechtliche Grundlagen, Vorteile und Herausforderungen sowie eine Vorlage für eine Gleitzeitvereinbarung zum Download.

1. Was ist Gleitzeit?

Gleitzeit, auch als gleitende Arbeitszeit bekannt, ist ein Arbeitszeitmodell, das Arbeitnehmern ermöglicht, ihre Arbeitszeiten innerhalb eines vorgegebenen Rahmens selbst zu gestalten. Ihre Mitarbeiter können somit Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit flexibel wählen und die Dauer ihres Arbeitstages selbst bestimmen, solange dabei die Bedürfnisse des Unternehmens berücksichtigt werden. Das Ziel der Gleitzeit ist es, die Autonomie und Flexibilität der Mitarbeiter zu erhöhen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern.

Für Ihr Unternehmen bietet die gleitende Arbeitszeit den Vorteil, den Einsatz Ihrer Mitarbeiter flexibler an den Arbeitsbedarf anzupassen.

Was ist Gleitzeit

Durch die Möglichkeit, die Normalarbeitszeit von 8 auf bis zu 10 oder 12 Stunden pro Tag auszuweiten, fallen weniger zuschlagspflichtige Überstunden an, wodurch Sie die Personalkosten bei richtiger Anwendung deutlich senken können.

2. Rechtliche Grundlagen der Gleitzeit in Österreich

In Österreich ist die Gleitzeit gesetzlich geregelt und unterliegt somit bestimmten Vorgaben, die im Arbeitszeitgesetz (AZG) in §4b Gleitende Arbeitszeit festgelegt sind.

2.1. Wann liegt Gleitzeit vor?

Gesetzlich liegt eine gleitende Arbeitszeit vor, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens (Gleitzeitrahmen), Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann. 

Dabei ist es gewöhnlich auch möglich, die vereinbarte tägliche Arbeitszeit auszudehnen. Die geleisteten Arbeitsstunden werden auf einem Arbeitszeitkonto gesammelt. 

2.2. Ausdehnung der Normalarbeitszeit: Kleines und Großes Gleiten

„Großes Gleiten“: Seit der Einführung des „12-Stunden-Tages“ ist in Österreich die Ausdehnung der Normalarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag möglich, sofern der zugrundeliegende Kollektivvertrag keine Einschränkung auf 10 Stunden vorgibt. Darüber hinaus darf der Mitarbeiter seinen Zeitausgleich auch in Form von Gleittagen konsumieren.

„Kleines Gleiten“: Hier wird die Normalarbeitszeit von 8 auf 10 Stunden ausgeweitet. Zeitguthaben werden verbraucht, indem Ihr Mitarbeiter seine Arbeitsleistung an anderen Tagen früher bzw. später beginnt und früher bzw. später beendet. 

Kleines und Großes Gleiten

Das Gleiten bietet Ihren Mitarbeitern in beiden Fällen jedenfalls deutlich mehr Gestaltungsspielraum.

2.3. Gleitzeitvereinbarung – Formvorschriften

Falls es in Ihrem Unternehmen keinen Betriebsrat gibt, müssen Sie die gleitende Arbeitszeit schriftlich und mit jedem Mitarbeiter einzeln vereinbaren (§4b Abs 2 AZG).

Die Gleitzeitvereinbarung muss 

  • die Dauer der Gleitzeitperiode
  • den Gleitzeitrahmen
  • das Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode und 
  • die Dauer und die Lage der fiktiven Normalarbeitszeit beinhalten (§4 Abs 3 AZG).

Expertentipp

Vereinbaren Sie die Gleitzeit nicht im Arbeitsvertrag, sondern erstellen Sie dafür ein eigenes Schriftstück als Zusatzvereinbarung.

2.3.1. Dauer der Gleitzeitperiode

Die Gleitzeitperiode ist der Durchrechnungszeitraum, in dem die durchschnittlich geleistete wöchentliche Arbeitszeit die vereinbarte Normalarbeitszeit, einschließlich möglicher Übertragungsmöglichkeiten, nicht überschreiten darf

Die Gleitzeitperiode kann zwischen 1 Monat und bis zu 12 Monaten vereinbart werden. Welche Dauer für Ihr Unternehmen sinnvoll ist, sollten Sie individuell prüfen und bewerten.

Beispiel

  • Gleitzeitperiode 3 Monate (gerechnet mit 12 Wochen)
  • Vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit: 40 Stunden
  • Tatsächlich geleistete Arbeitszeit:
    • In Monat 1: 35 Stunden
    • In Monat 2: 45 Stunden
    • In Monat 3: 40 Stunden

2.3.2. Gleitzeitrahmen

Der Gleitzeitrahmen gibt vor, innerhalb welchen Zeitrahmens der Mitarbeiter den Beginn und das Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst festlegen kann. Ob ein Gleiten möglich ist, muss unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse geschehen.

Der Gleitzeitrahmen von Herrn Müller erlaubt seinen Arbeitsbeginn ab 06:00 und ein Arbeitsende bis 20:00. Er darf selbst entscheiden, wann er seine Sollzeit erreicht.

Expertentipp

Falls es aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist, eine Gleitzeitregelung in diesem Umfang anzubieten, prüfen Sie, ob Ihr Kollektivvertrag ein Arbeitszeitmodell mit Durchrechnung erlaubt. So lassen sich teure Überstunden bei Auslastungsschwankungen vermeiden. Alles Wichtige zur durchrechenbaren Arbeitszeit finden Sie hier.

2.3.3. Übertragungsmöglichkeit von Zeitguthaben und Zeitschulden

Mitarbeiter können am Ende der Gleitzeitperiode ein vertraglich definiertes Zeitguthaben in die nächste Gleitzeitperiode mitnehmen. Die übertragenen Stunden sind Normalarbeitszeit, keine Überstunden.

Ein Beispiel

Herr Müller hat am Ende der Gleitzeitperiode 50 Stunden Zeitguthaben auf seinem Arbeitszeitkonto. Da lt. Gleitzeitvereinbarung nur 40 Stunden in die nächste Gleitzeitperiode als Normalstunden mitgenommen würden, bekommt er automatisch 10 Stunden ausbezahlt. Diese 10 Stunden sind als Überstunden mit Zuschlag zu bewerten und auszuzahlen.

Zeit- & Urlaubskonto

Besteht am Ende der Gleitzeitperiode eine Zeitschuld, kann diese mitgenommen werden. Überschreitet am Ende einer Gleitzeitperiode die tatsächliche Zeitschuld das maximal übertragbare Ausmaß, wird die Differenz zwischen maximaler Übertragungsmöglichkeit und der tatsächlichen Zeitschuld mit dem Normalstundensatz bei der Monatsabrechnung in Abzug gebracht.

2.3.4. Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit

Die fiktive Normalarbeitszeit ist jene Arbeitszeit, die als Grundlage für bezahlte Abwesenheiten des Arbeitnehmers (z.B. bezahlte Dienstverhinderungen, wie Arztbesuche, Feiertage, Urlaub) herangezogen wird. Sie ist ein zentrales Element für gleitende Arbeitszeit. Die fiktive Normalarbeitszeit muss über die einzelnen Wochentage exakt das vereinbarte Stundenausmaß lt. Dienstvertrag ergeben (z.B 30 h/Woche oder 38,5h/Woche).

Hr. Müller hat einen Dienstvertrag über 38,5h/Woche. Die fiktive tägliche Normalarbeitszeit beträgt – verteilt auf 5 Wochentage – 7,7 Stunden von Montag bis Freitag von 08:00-16:12 (Mittagspause berücksichtigt)

(7,7 Stunden x 5 Wochentage = 38,5h/Woche)

Beispiel

Herr Müller war von 07:30 bis 08:00 beim Arzt. Da der Termin nicht in den Zeitraum der fiktiven Normalarbeitszeit fällt, ist es keine bezahlte Abwesenheit.

2.4. Kernarbeitszeit

Die Kernarbeitszeit ist Arbeitszeit, in der ein Mitarbeiter anwesend sein bzw. seiner Beschäftigung nachgehen muss. In Zeiten von Home Office ist Anwesenheit oftmals kein Kriterium mehr, der Mitarbeiter muss aber während der vereinbarten Zeit erreichbar sein.

Die Kernzeit ermöglicht, dass wichtige betriebliche Abläufe gewährleistet werden können und eine ausreichende Präsenz der Mitarbeiter sichergestellt ist. Die Kernarbeitszeit darf laut österreichischem Arbeitsrecht maximal 6 Stunden pro Tag betragen. Sie ist gesetzlich aber kein Pflichtelement der Gleitzeitvereinbarung.

2.5. Weitere gesetzliche Anforderungen

Grenzen der Höchstarbeitszeit: Die tägliche Normalarbeitszeit ist mit 12 Stunden begrenzt, sofern der Kollektivvertrag keine Einschränkung auf 10 Stunden vorsieht. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt in Österreich 60 Stunden. Fallweise dürfen somit bis zu 12 Stunden pro Tag oder bis zu 60 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Wichtig ist, dass in einem Durchrechnungszeitraum von 4 Monaten 48 Stunden pro Woche in keinem Fall überschritten werden dürfen.

Gesetzlich vorgesehene Pausenzeiten: Sobald die Gesamtdauer der Tagesarbeitszeit 6 Stunden überschreitet, ist eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten einzuhalten.

Ruhezeiten: Sie als Arbeitgeber müssen darauf achten, dass Ihre Mitarbeiter die Ruhezeiten einhalten. Wenn die Tagesarbeitszeit beendet ist, muss der Mitarbeiter eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden einhalten können. Die wöchentliche Ruhezeit, auch Wochenendruhe genannt, beträgt 36 Stunden. An gesetzlichen Feiertagen haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine Ruhezeit von 24 Stunden. Die Ruhezeiten sind von vielen Einzelheiten abhängig. Details zu den Ruhezeiten finden Sie hier.

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: In Österreich ist die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung schon lange gesetzlich vorgeschrieben. Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter dokumentieren, um die Überwachung und Einhaltung der gesetzlichen Schutzbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, wie die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit, Ruhepausen oder Überstundenarbeit, sicherzustellen. Die Zeiterfassungspflicht ist im § 26 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) vorgeschrieben.

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2.6. Ampelkonto & Frühwarnsystem

Um Transparenz, aber auch Kontrolle zu haben, ist es vor allem bei gleitender Arbeitszeit sinnvoll, ein Arbeitszeitkonto für jeden Ihrer Mitarbeiter zu führen.

In einem Arbeitszeitkonto werden die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden eines Arbeitnehmers registriert und mit der im Arbeitsvertrag vereinbarten Sollzeit abgeglichen.

Wird die Sollzeit überschritten, hat der Arbeitnehmer ein Zeitguthaben in Form von Plusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto. Umgekehrt werden Minusstunden angeschrieben, wenn die vertraglich vorgesehene Sollzeit unterschritten wird.

Dashboard in der App

Immer öfter werden im Rahmen der Gleitzeit Arbeitszeitkonten als „Ampelkonten“ geführt. Beim Ampelkonto handelt es sich um ein Frühwarnsystem. Bei grüner Ampel kann Ihr Mitarbeiter ganz eigenständig über sein Zeitguthaben verfügen. Bei gelb soll ein Aufbau an Gutstunden bzw. weitere Minusstunden vermieden werden. Die rote Ampel soll darauf aufmerksam machen, dass Grenzen erreicht wurden.

2.7. Eingriffsrechte in das freie Zeiteinteilungsrecht seitens des Dienstgebers

Die freie Zeiteinteilung und das Gleiten bietet Ihren Mitarbeitern sehr viel Flexibilität den Arbeitstag zu gestalten. Damit auch Sie als Unternehmen von der Flexibilität profitieren, sollten Sie sich bereits in der Vereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit Eingriffsrechte einräumen.

Beispielklausel

In dringenden oder notwendigen betrieblichen Ausnahmefällen behält sich der Dienstgeber die Beschränkung der Gleitmöglichkeit durch den jeweiligen Vorgesetzten ausdrücklich vor.

3. Wie kann Gleitzeit in Österreich vereinbart werden?

Wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern eine Gleitzeit vereinbaren möchten, müssen Sie zusätzlich zu den Formvorschriften im Arbeitszeitgesetz (AZG) §4b Gleitende Arbeitszeit auch die Ausgestaltungsvorgaben im Kollektivvertrag beachten. Gleitzeit wird im Unternehmen normalerweise im Rahmen einer Betriebsvereinbarung – also in einer Vereinbarung zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertretung – geregelt.

Sämtliche einzelvertragliche Lösungen oder Änderungen sind jedenfalls schriftlich festzuhalten und demnach auch verbindlich für alle Beteiligten. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht, was die Ausgestaltung der Gleitzeitvereinbarung betrifft. Die Gleitzeit kann direkt im Arbeitsvertrag geregelt werden oder in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag.

4. Die Gleitzeitvereinbarung

Hier finden Sie eine praktische Vorlage für die Gleitzeitvereinbarung in Ihrem Unternehmen.

Gleitzeitvereinbarung Mustervorlage

5. Überstunden im Gleitzeitmodell

Auch bei Gleitzeit kann es zu Überstunden kommen. Diese müssen entsprechend den gesetzlichen Regelungen vergütet oder durch Zeitausgleich abgegolten werden. Überstunden bei gleitender Arbeitszeit fallen lt. Info der WKO an, wenn Arbeitsleistungen außerhalb des Gleitzeitrahmens erfolgen, die tägliche Normalarbeitszeit von 10 Stunden überschritten wird oder Gutstunden die Übertragungsmöglichkeiten in die nächste Gleitzeitperiode überschreiten. 

6. Wie kann Gleitzeit übersichtlich verwaltet werden?

Die Einführung und Umsetzung eines Gleitzeitmodells bringt so manche Herausforderung mit sich. Die Verwaltung der Gleitzeit kann aber durch den Einsatz entsprechender Softwarelösungen erheblich erleichtert werden.  Um trotz der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit nicht den Überblick zu verlieren und vor allem auch um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherstellen zu können, ist ein Arbeitszeitkonto mit Stunden- und Urlaubssaldo eine wichtige Hilfestellung. Hier bietet besonders digitale Arbeitszeiterfassung umfassende und gleichzeitig einfache Möglichkeiten.

Mit einer digitalen Zeiterfassung wie timr erfassen die Beschäftigten ihre Arbeitszeiten täglich mit einer digitalen Stechuhr per Start/Stop. Das Zeiterfassungssystem zählt die Arbeitszeiten zusammen und errechnet automatisch, ob Plus- oder Minusstunden am Konto sind. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben so jederzeit einen Überblick über ihre Arbeitszeiten.

Ein gutes Zeiterfassungssystem erlaubt außerdem das Hinterlegen des Gleitzeitrahmens inklusive Kernzeiten. Zusätzlich können Arbeitgeber gesetzliche Regelungen wie Vorgaben zur Höchstarbeitszeit oder zu Ruhe- und Pausenzeiten ebenfalls definieren. Bei timr überprüft das System automatisch, ob die hinterlegten Regeln eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, erhalten sowohl Vorgesetzte als auch der Mitarbeiter selbst einen Warnhinweis. Der administrative Aufwand wird so für die Personalverantwortlichen gering gehalten. Sie und Ihre Mtarbeiter haben alle Informationen jederzeit zur Hand.

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