Mehrarbeit in Deutschland: Definition, Rechte, Pflichten & VergütungMehrarbeit
Ein Projekt muss dringend fertiggestellt werden oder es gibt unerwartete Engpässe im Team. Für Arbeitnehmer bedeutet das oft, länger zu arbeiten als ursprünglich geplant.
Doch wie viel Mehrarbeit ist eigentlich erlaubt? Und was müssen sowohl Arbeitgeber als auch Mitarbeiter beachten?
In diesem Artikel klären wir, was Mehrarbeit bedeutet, was der Unterschied zu Überstunden ist und welche Regeln in Deutschland gelten.
Inhaltsverzeichnis
1. Was bedeutet Mehrarbeit?
Für Mehrarbeit gibt es keine verbindliche Definition.
Üblicherweise wird Mehrarbeit als jene Arbeitszeit definiert, die über die gesetzlich vorgeschriebene tägliche Höchstarbeitszeit hinausgeht.
In Deutschland beträgt die Maximalarbeitszeit 8 Stunden pro Werktag (vgl. § 3 ArbZG).
Unter bestimmten Bedingungen kann die tägliche Höchstarbeitszeit auf bis zu 10 Stunden verlängert werden. Dies ist allerdings nur dann zulässig, wenn in einem Zeitraum von 6 Monaten die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit maximal 8 Stunden beträgt.
2. Unterschied zwischen Mehrarbeit und Überstunden
Genauso wie für Mehrarbeit gibt es auch für Überstunden keine gesetzliche Definition.
Im allgemeinen Sprachgebrauch lassen sich die beiden Begriffe folgendermaßen unterscheiden:
- In der Regel wird Mehrarbeit im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht verwendet. Als Mehrarbeit zählt dabei jene Arbeitszeit, die über die tägliche Höchstarbeitszeit hinausgeht.
- Üblicherweise wird von Überstunden in Bezug auf die Vergütung von Arbeitszeit gesprochen. Überstunden bezeichnen die Arbeitszeit, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht. Diese müssen vom Arbeitgeber angeordnet werden.
Beispiel
- Ayla hat in ihrem Arbeitsvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden bzw. eine tägliche Arbeitszeit von 7 Stunden vereinbart.
- Außerdem sieht der Arbeitsvertrag eine Überstundenregelung vor.
Fall 1
- Eine Woche ist arbeitsintensiver als gewöhnlich und Ayla arbeitet deshalb
40 Stunden – 8 Stunden pro Tag. - In diesem Fall hat sie 5 Stunden mehr gearbeitet als vertraglich festgelegt.
- Das bedeutet: Sie hat 5 Überstunden gemacht.
Fall 2
- In einer anderen Woche arbeitet Ayla 8 Stunden an einem Tag – also 1 Stunde mehr als normalerweise.
- Diese Stunde gilt als Überstunde, da sie über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht.
- Am selben Tag möchte Ayla noch eine dringende Aufgabe erledigen und arbeitet eine weitere Stunde.
- Diese Stunde zählt als Mehrarbeit, da sie die gesetzlich festgelegte tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden überschreitet.
3. Diese Rechte und Pflichten gelten bei Mehrarbeit
3.1. Wie viel Mehrarbeit ist erlaubt?
Grundsätzlich sind in Deutschland laut Arbeitszeitgesetz maximal 8 Stunden Arbeitszeit pro Werktag erlaubt.
Unter bestimmten Bedingungen darf die tägliche Höchstarbeitszeit auf bis zu 10 Stunden ausgeweitet werden.
Das bedeutet: Es sind 2 Stunden Mehrarbeit pro Tag erlaubt.
Voraussetzung hierfür: ein Zeitausgleich muss stattfinden. In einem Ausgleichszeitraum von 6 Monaten darf die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden nicht überschritten werden.
Wichtig
Beachten Sie bei Mehr- oder Überstundenarbeit unbedingt die gesetzlich vorgeschriebene Pause von mindestens 45 Minuten bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden.
Mehr Informationen finden Sie in unserem Artikel zur Pausenregelung in Deutschland.
3.2. Sind Arbeitnehmer zu Mehrarbeit und Überstunden verpflichtet?
Eine generelle Verpflichtung zur Mehrarbeit gibt es laut Gesetz nicht.
In Ausnahmefällen können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter dazu verpflichten, Mehrarbeit zu leisten.
Solche Ausnahmesituationen treten ein, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen – beispielsweise bei unvorhergesehenen Arbeitsspitzen, zur Abwendung wirtschaftlicher Schäden oder bei akutem Personalmangel aufgrund von Krankheit.
Und was gilt bei Überstunden?
Mitarbeiter müssen Überstunden nur dann leisten, wenn dies zuvor vereinbart wurde. Eine entsprechende Vereinbarung kann im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag festgehalten sein.
Das bedeutet also: Arbeitgeber dürfen Überstunden nicht einseitig anordnen.
Es gibt allerdings auch wieder Ausnahmen von dieser Regelung. Diese gelten bei Notsituationen, die jedoch sehr selten auftreten. Gemeint sind damit unvorhersehbare Ereignisse, die die Existenz des Unternehmens gefährden.
Wichtig
Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge können individuelle Brachen- oder Betriebsregelungen zur Leistung von Mehrarbeit und Überstunden enthalten.
4. So erfassen Sie Überstunden und Mehrarbeit
Schon vor Einführung der Arbeitszeiterfassungspflicht war die Dokumentation von Überstunden gesetzlich vorgeschrieben.
Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (1 ABR 22/21) wurde die Verpflichtung zur vollständigen Zeiterfassung in Deutschland klar bestätigt.
Konkret bedeutet dies, dass Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit ihrer Beschäftigten lückenlos dokumentieren müssen.
Neben Beginn, Ende und Dauer der täglich geleisteten Arbeitszeit müssen auch Überstunden verpflichtend erfasst werden.
Durch die Einführung einer Arbeitszeiterfassung werden nicht nur die gesetzlichen Vorgaben eingehalten. Auch sorgt dies für mehr Transparenz, da sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer nachvollziehen können, wie viele Überstunden oder Mehrarbeit tatsächlich angefallen sind.
Nutzen Sie eine digitale Zeiterfassung wie timr, um die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter genau zu dokumentieren und profitieren Sie dabei auch von Funktionen wie dem Überstundenkonto oder der automatischen Pausenüberprüfung. So behalten Sie Überstunden und Mehrarbeit jederzeit im Blick und stellen sicher, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden.
5. Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden
In Deutschland ist die Vergütung von Mehrarbeit nicht im Arbeitszeitgesetz festgehalten.
Diese wird in der Regel durch entsprechende Bestimmungen im Arbeitsvertrag, in Tarifverträgen oder in Betriebsvereinbarungen festgelegt.
Fehlen solche vertraglichen Regelungen und ist die Leistung der Mehrarbeit nur gegen eine Vergütung zu erwarten, haben betreffende Mitarbeiter einen Anspruch auf eine Vergütung (vgl. § 612 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Gut zu wissen
Für leitende Angestellte gelten besondere Regelungen. Sie unterliegen in der Regel nicht den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, übernehmen mehr Verantwortung und erhalten häufig ein entsprechend hohes Gehalt. Daher wird oft davon ausgegangen, dass sie betrieblich notwendige Überstunden ohne zusätzlichen Vergütungsanspruch leisten.
6. Mehrarbeit in bestimmten Arbeitsverhältnissen
6.1. Mehrarbeit bei Teilzeit
Grundsätzlich sind Beschäftigte in Teilzeit arbeitsrechtlich mit Vollzeitkräften gleichgestellt – auch in Bezug auf Mehrarbeit.
Überschreitet die Arbeitszeit die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag, wird dies auch bei Teilzeitmitarbeitern als Mehrarbeit eingestuft. Alles, was über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit einer Teilzeitkraft hinausgeht, zählt als Überstunden.
6.2. Mehrarbeit während Schwangerschaft
Für schwangere und stillende Mitarbeiterinnen gelten in Deutschland besondere Schutzvorschriften, was die Mehrarbeit betrifft. Laut § 4 Mutterschutzgesetz dürfen sie keine Mehrarbeit leisten.
Ihre tägliche Arbeitszeit ist auf maximal 8,5 Stunden begrenzt. Innerhalb von zwei Wochen dürfen insgesamt höchstens 90 Arbeitsstunden anfallen.
Zudem darf die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im einzelnen Monatsdurchschnitt nicht überschritten werden.
6.3. Mehrarbeit bei Jugendlichen
Für minderjährige Beschäftigte gilt nicht das Arbeitszeitgesetz, sondern das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).
Nach § 8 JArbSchG dürfen Beschäftigte unter 18 Jahren grundsätzlich keine Mehrarbeit leisten. Ihre Arbeitszeit ist auf maximal 8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden wöchentlich begrenzt.
Eine Ausnahme besteht, wenn Jugendliche an einzelnen Werktagen weniger als 8 Stunden arbeiten. In diesem Fall kann die Arbeitszeit an den verbleibenden Arbeitstagen auf maximal 8,5 Stunden erhöht werden.