Minusstunden in Deutschland – Die wichtigsten Informationen im Überblick
Minusstunden sind ein häufig diskutiertes Thema in der deutschen Arbeitswelt und werfen schnell zahlreiche Fragen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf.
Doch was genau sind Minusstunden? Unter welchen Bedingungen sind sie erlaubt? Wie werden sie erfasst, und was geschieht im Falle einer Kündigung?
In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Aspekte für Sie zusammen.
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind Minusstunden in Deutschland?
Minusstunden entstehen, wenn ein Arbeitnehmer zeitlich weniger arbeitet, als es seine vertraglich vereinbarte Soll-Arbeitszeit vorsieht.
Sie sind das Pendant zu Überstunden, werden auch als Minderstunden oder Unterstunden bezeichnet und auf einem Arbeitszeitkonto erfasst.


Ein Beispiel
Ein Arbeitnehmer hat laut Vertrag eine Sollarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche. Wenn er in einer Woche nur 35 Stunden arbeitet, entstehen 5 Minusstunden.
Je nach betrieblicher Regelung sind diese Minusstunden entweder nachzuarbeiten, anderweitig auszugleichen oder vom Lohn abzuziehen.
Ob tatsächlich eine Minusstunde vorliegt, hängt von mehreren Faktoren ab, zB ob ein flexibles Arbeitszeitmodell vorliegt oder etwa ein Ausgleichszeitraum vereinbart wurde.

Beispiele
- Bei einem Arbeitsverhältnis mit einem fest vereinbarten Stundenausmaß von 20 Stunden pro Woche wurden 19 Wochenstunden geleistet. Die „fehlende“ 20. Arbeitsstunde gilt bereits als Minusstunde.
- In einem Gleitzeitmodell können Minusstunden fortlaufend entstehen, werden jedoch in der Regel durch Überstunden oder zukünftige Arbeitszeit wieder ausgeglichen. Erst am Ende der Gleitzeitperiode werden allfällige negative Zeitsalden als Minusstunden dann relevant.

Expertentipp
Legen Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern klare Regelungen fest, ob und in welchem Umfang Minusstunden zulässig sind. Definieren Sie zudem, wie diese ausgeglichen werden – sei es durch Verrechnung mit Überstunden oder alternative Modelle wie Gleitzeitkonten. Eine transparente Vereinbarung schafft Planungssicherheit und verhindert Missverständnisse.
2. Gesetzliche Grundlagen zu Minusstunden in Deutschland
2.1. Wie sind Minusstunden gesetzlich geregelt?
In Deutschland gibt es kein konkretes Gesetz, das den Umgang mit Minusstunden eindeutig regelt.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) legt u.a. zwar maximale Arbeitszeit, Ruhezeiten und Pausen fest, enthält jedoch keine direkten Vorgaben zu Minusstunden.
Da das Gesetz nicht alle Details vorschreibt, haben Arbeitgeber in Deutschland einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Dies gibt Unternehmen die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeiter auf die betrieblichen Anfordernisse zuzuschneiden.

Innerhalb dieses großzügigen gesetzlichen Rahmens können Betriebe somit eigenständig bzw. in Abstimmung mit dem Betriebsrat festlegen, wie Minusstunden gehandhabt werden.
Voraussetzung ist jedoch, dass diese Regelungen in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verankert sind und die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung eingehalten wird.

Wussten Sie schon?
Seit dem BAG-Urteil aus dem Jahr 2022 sind alle deutschen Arbeitgeber verpflichtet, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch, transparent und lückenlos zu dokumentieren. Zudem müssen die Stundenzettel für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt werden.

Nähere Informationen dazu finden Sie in unseren folgenden Beiträgen: Pflicht zur Arbeitszeiterfassung und Aufbewahrungsfrist für Arbeitszeitnachweise.
2.2. Wie viele Minusstunden sind in Deutschland erlaubt?
Es gibt keine gesetzliche Obergrenze für Minusstunden. Jedoch dürfen Arbeitgeber nicht willkürlich Minusstunden anordnen. Häufig legen Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge maximale zulässige Minusstunden fest. Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass diese Regelungen schriftlich festgehalten sind.
3. Wann dürfen Arbeitnehmer Minusstunden machen?
Grundsätzlich dürfen Minusstunden nur mit einem Arbeitszeitkonto entstehen.
Das bedeutet: Ein Arbeitszeitkonto ist eine grundlegende Voraussetzung für das Entstehen von Minusstunden. Ohne ein solches Konto sind Minusstunden häufig nicht zulässig. Für die Nutzung eines Arbeitszeitkontos ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erforderlich.
Darüber hinaus sind Minusstunden nur dann erlaubt, wenn:
- Eine vertragliche Regelung oder eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung vorliegt.
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich auf flexible Arbeitszeiten geeinigt haben, beispielsweise im Rahmen von Gleitzeitmodellen.
- Ein vertraglich festgelegter Ausgleichszeitraum existiert.
Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Ein Arbeitszeitkonto ermöglicht eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter. Auf dem Arbeitszeitkonto werden die geleisteten Arbeitsstunden laufend erfasst und mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit abgeglichen. Auf diese Weise können am Arbeitszeitkonto sowohl Überstunden als auch Minusstunden entstehen.
Nur dokumentierte Stunden, ob Überstunden oder Minusstunden, können gesetzlich geltend gemacht werden.

Häufig werden Arbeitszeitkonten durch Betriebsvereinbarungen geregelt. Das liegt daran, dass der Betriebsrat bei der Einführung und Ausgestaltung von Arbeitszeitkonten ein Mitbestimmungsrecht hat.
Folgende Punkte können in einer Betriebsvereinbarung zum Arbeitszeitkonto festgehalten werden:
- Maximale Plus- und Minusstunden
- Dauer des Ausgleichszeitraums
- Interne Regelungen zum Ausgleich des Zeitguthabens, zB stunden- oder tageweiser Verbrauch
- Regelungen im Umgang mit dem Arbeitszeitkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Regelungen zur Sicherung im Falle einer Insolvenz des Unternehmens
Fehlt ein Betriebsrat, kann mit Einzelvereinbarung im Arbeitsvertrag ein Arbeitszeitkonto umgesetzt werden. Tarifverträge geben oft allgemeine Regeln für die flexible Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit vor. Im Arbeitsvertrag wird dann auf diese tariflichen Bestimmungen hingewiesen.
4. Wie müssen Minusstunden in Deutschland erfasst werden?
Minusstunden müssen über ein ordnungsgemäß geführtes Arbeitszeitkonto erfasst werden. Um Arbeitsstunden (sowohl Plus- als auch Minusstunden) geltend machen zu können, ist es erforderlich, dass diese korrekt und vollständig dokumentiert sind. Die Verantwortung dafür liegt beim Arbeitgeber.
Unsere Empfehlung:
Nutzen Sie ein digitales Arbeitszeitkonto, um Plus- und Minusstunden automatisch zu erfassen. So haben Sie und Ihre Mitarbeiter alle Stunden jederzeit und in Echtzeit im Blick – mit nur wenigen Klicks.

5. Wodurch können Minusstunden entstehen?
Minusstunden können entweder durch verschiedene betriebliche Gründe auf Arbeitgeberseite oder persönliche Gründe des Mitarbeiters entstehen.

5.1. Minusstunden durch Arbeitnehmer verursacht
- Flexible Arbeitszeitmodelle – Wird in flexiblen Arbeitszeitmodellen weniger als die vereinbarte Sollzeit gearbeitet, entstehen Minusstunden, die jedoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingearbeitet werden.
- Persönliche Gründe – Verspätungen, frühzeitiges Verlassen des Arbeitsplatzes oder private Verpflichtungen können zu Minusstunden führen.
5.2. Minusstunden durch Arbeitgeber verursacht
- Arbeitsausfall und fehlende Einsatzmöglichkeiten – Fehlende Aufträge, saisonale Schwankungen oder vorübergehende Betriebsschließungen können dazu führen, dass ein Mitarbeiter bereit zur Arbeit ist, jedoch aufgrund betrieblicher Umstände nicht genug arbeiten kann.
- Fehlende oder unklare Arbeitszeitdokumentation – Unvollständige oder fehlerhafte Zeiterfassung kann fälschlicherweise Minusstunden ausweisen.
6. Dürfen Arbeitgeber Minusstunden vom Lohn abziehen?
Sind die Minusstunden auf ein Verschulden des Mitarbeiters zurückzuführen – also zB wenn er zu spät kommt oder wenn er seine Arbeitszeit eigenständig organisiert und dabei nicht die vereinbarte Soll-Arbeitszeit erfüllt – kann ein Gehaltsabzug drohen.
Arbeitgeber dürfen jedoch keine Minusstunden vom Gehalt abziehen, wenn sie selbst die fehlende Arbeit zu verantworten haben, etwa durch zu wenige Arbeitsaufträge oder einen Dienstplanfehler.
Wichtig ist, dass Regelungen zu Minusstunden und deren Ausgleich (z. B. durch Nacharbeit, Überstundenverrechnung oder Lohnabzug) im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung klar festgelegt sind.
7. Wann darf der Arbeitgeber keine Fehlzeiten anrechnen?
Nicht jede „fehlende Stunde“ kann automatisch als Minusstunde angerechnet werden. Es gibt zahlreiche Situationen, in denen Minusstunden nicht angerechnet werden dürfen:
7.1. Was passiert mit Minusstunden bei Krankheit?

Gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Krankheitsbedingte Ausfälle dürfen somit keine Minusstunden zur Folge haben.
7.2. Was passiert mit Minusstunden bei Urlaub?
Urlaubszeiten sind laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ebenfalls von der Sollarbeitszeit abzugrenzen. Minusstunden dürfen hier nicht verrechnet werden.
7.3. Kann man Minusstunden mit Urlaub verrechnen?
Nein, dies ist unzulässig. Urlaub dient der Erholung und darf nicht als Ausgleich für Minusstunden verwendet werden.
8. Was passiert mit Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei einer Kündigung?
Bei einer Kündigung stellt sich oft die Frage, wie mit verbleibenden Minusstunden umgegangen wird. Laut Rechtsprechung dürfen Minusstunden nur dann vom letzten Gehalt abgezogen werden, wenn dies vorher klar vereinbart wurde. Andernfalls trägt der Arbeitgeber das Risiko für unzureichend ausgelastete Arbeitszeiten.

Zuverlässiges Tool zur Arbeitszeiterfassung
9. FAZIT
Da der Gesetzgeber selbst keine Regelungen für den Umgang mit Minusstunden vorsieht, ist es wichtig, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedliche Szenarien berücksichtigt und diese auch verschriftlicht werden. Anbei unsere abschließenden Tipps für den Umgang mit Minusstunden…


Tipps für den Umgang mit Minusstunden
- Rechtliche Grundlagen kennen – Informieren Sie sich über das Arbeitszeitgesetz sowie die im Betrieb geltenden Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, um zu verstehen, wie Minusstunden geregelt sind.
- Arbeitszeiten genau erfassen – Kommen Sie Ihrer Arbeitszeiterfassungspflicht nach und dokumentieren Sie Arbeitszeiten lückenlos, um Minusstunden korrekt zu erkennen und nachzuvollziehen.
- Arbeitszeitkonto nutzen – Führen Sie ein Arbeitszeitkonto, um Minusstunden in Echtzeit zu überwachen und frühzeitig darauf reagieren zu können.
- Aufbewahrungsfristen beachten – Halten Sie sich an die gesetzliche Pflicht, Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre lang aufzubewahren, um bei Unstimmigkeiten abgesichert zu sein.
- Klare Regelungen zu Minusstunden treffen – Legen Sie bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses fest, wie mit Minusstunden umgegangen wird, z. B. ob sie nachgearbeitet oder mit Überstunden verrechnet werden.
- Vereinbarungen schriftlich festhalten – Dokumentieren Sie alle Absprachen zu Minusstunden verbindlich, um Missverständnisse zu verhindern.
- Digitales Zeiterfassungssystem nutzen – Verwenden Sie ein modernes, digitales Tool wie timr, um Minusstunden automatisch zu erfassen und eine transparente Übersicht zu behalten.