Lean Management
Kennen Sie den Begriff „Lean Management“ und seine deutsche Übersetzung „Schlankes Management“? Viele Unternehmen arbeiten sehr erfolgreich mit dieser Philosophie.
Doch was genau beinhaltet ein schlanker Prozess? Was sind die Ziele, Hürden und Methoden? Erfahren Sie alles, was Sie schon immer wissen wollten, in unserem Beitrag.
1. Definition des Begriffs „Lean Management“
Wir vermeiden im Lean Management Verschwendung. Der Grundgedanke kommt ursprünglich aus Japan und wird von der Planung über die Produktion bis hin zu Dienstleistungen eingesetzt.
Das deutsche Wort „Verschwendung“ beruht auf dem japanischen Begriff „muda“.
Wir können „muda“ auch mit „unnötiger Aufwand“ übersetzen. Denn die Japaner bezeichnen damit sinnlose Tätigkeiten, die keinen Nutzen haben.
Für ein schlankes Management ohne „muda“ müssen wir jedes System aus zwei Perspektiven betrachten: Kundschaft und Unternehmen.
Die Kundschaft will einen guten Preis, hohe Qualität, individuelle Lösungen und verfügbare Waren. Das Unternehmen will profitabel sein und wettbewerbsfähig bleiben. Im Sinne des schlanken Managements müssen wir beide Perspektiven in unsere Überlegungen miteinbeziehen.
Kernidee der Philosophie ist die Vermeidung von Verschwendung und unnötigem Aufwand.
2. Ursprünge beim japanischen Automobilhersteller Toyota
Arbeitsorganisation und Prozessmanagement zielten bei Toyota ab den 1950ern auf die Vermeidung von Verschwendung ab. Die kontinuierliche Verbesserung der Produktion stand im Vordergrund.
Mit der innovativen Herangehensweise war Toyota sehr erfolgreich. Der japanische Autohersteller rückte daraufhin in den Fokus der Wissenschaft.
James P. Womack und Daniel T. Jones untersuchten daraufhin im Zuge der internationalen Studie „International Motor Vehicle Program“ die Gründe für den Erfolg Toyotas. Fünf Jahre beobachteten sie die Arbeitsvorgänge in der japanischen Autofabrik.
Die Wissenschaftler fanden schließlich heraus, dass in Japan Management, Planung, Prozess und Produktion anders als in Europa und Amerika ausgestaltet waren.
In Europa und Amerika vertraute man auf die gepufferte Produktion. Überproduktion, eine ineffiziente Arbeitsorganisation und ein langwieriger Prozess von Fehlerbehebungen waren in der europäischen und amerikanischen Produktion die Folge.
Die Japaner setzten hingegen auf Lean Management – auch wenn sie damals noch keinen Begriff dafür hatten. Der Begriff „Lean Management“ wurde erst in der Studie von Womack und Jones verwendet.
Heute wird die Arbeits- und Projektorganisation von Toyota nicht mehr nur in der Automobilindustrie angewandt. Schlankes Management kommt bei Dienstleistungen, in der Administration und Instandhaltung sowie bei vielen fertigenden Prozessen zum Einsatz.
3. Werte ohne unnötigen Aufwand schaffen – Verschlankung als Ziel
Wenn Führungskräfte in ihrem Unternehmen Lean Management einführen, bezwecken sie damit vor allem eines: Sie wollen jeden Prozess und jede Aktivität aufeinander abstimmen.
Ziel ist die Verbesserung der Wertschöpfungskette. Die Verbesserung kommt zustande, weil weder Arbeitszeit noch Materialien, Lagerplatz und Know-how verschwendet werden.
Niemand steht mehr in der Fabrik herum und wartet. Materialien und Produkte werden auf einen LKW verfrachtet, anstatt in einer Lagerhalle gebunkert zu werden. Und die Mitarbeiter entfalten ihr Potenzial und setzen ihr wertvolles Wissen ein.
Unternehmen können dank schlanker Planung und Arbeitsorganisation Waren und Dienstleistungen billiger anbieten als die Konkurrenz. Gleichzeitig erlaubt schlankes Management eine schnelle Reaktion auf neue Kundenwünsche und veränderte Umstände.
Führungskompetenz im schlanken Management hat viel mit der Beseitigung von unnötigem Ballast und sinnlosen Hürden zu tun. Wer sich mit Agilität auskennt, weiß, dass ein Agiles Projektmanagement ähnliche Ziele verfolgt.
4. Die fünf Kernprinzipien nach Womack und Jones
Schlankes Management beruht nach Womack und Jones auf fünf Kernprinzipien. Um die Philosophie des schlanken Denkens einführen zu können, muss ein System, Plan oder Prozess auf diese Prinzipien hin überprüft werden.
Konkret stellen wir uns bei einer Überprüfung die Frage: „Funktioniert mein System nach den fünf Kernprinzipien?“ Die Antwort lautet vor der Einführung des Lean Managements meist „nein“.
Aus diesem Grund stellen wir uns eine zweite Frage: „Wie verändere ich das System meiner Arbeitsorganisation, damit die Prinzipien des Lean Managements die Basis allen Tuns bilden?“
Prinzip I: Die Sicht des Kunden ist entscheidend
Wir müssen jeden Prozess sowie die komplette Arbeitsorganisation auf die Bedürfnisse der Kunden zuschneiden. Das Unternehmen arbeitet nicht für sich; die Produktion findet nicht um ihrer selbst willen statt.
Was will der Kunde wann, wo, in welcher Qualität und zu welchem Preis?
Diese Leitfrage durchdringt das Lean Management. Das Prinzip „Der Kunde ist König“ wird im schlanken Management mit anderen Worten tatsächlich gelebt.
Prinzip II: Der Wertstrom muss bekannt sein
Der Wertstrom ist ein Konzept aus den Betriebswissenschaften. Zum Wertstrom zählt jeder Prozess, der für die Herstellung eines Produkts oder für die Durchführung einer Dienstleistung nötig ist.
Wenn wir uns mit der Produktion eines Keramiktellers beschäftigen, finden wir zum Beispiel folgende Prozesse: die Herstellung von Ton, das Formen des Tellers, das Glasieren und das Brennen.
Im Lean Management identifizieren wir alle Prozesse und damit den Wertstrom.
Die Identifikation ist notwendig, weil wir dadurch eine Verbesserung der Arbeitsorganisation erreichen können. Wir stellen nämlich fest, welche Prozesse tatsächlichen Nutzen haben, und welche bloß Ressourcen verschwenden.
Wenn die Teller zwischen den verschiedenen Prozessen unnötigerweise gelagert werden, verschwendet die Lagerung beispielsweise Platz und Arbeitszeit.
Das Unternehmen muss das gesamte System auf den Wertstrom ausrichten. Denn das Wichtigste sind in jedem Fall die Produkte beziehungsweise Dienstleistungen selbst. Darauf liegt im schlanken Management der Fokus.
Prinzip III: Das Fluss-Prinzip sorgt für Kontinuität
Die Produktion beziehungsweise Dienstleistung geht im Idealfall glatt über die Bühne. Zu diesem Zweck sollten wir Zwischenlager, Pufferbestände und Wartezeiten vermeiden.
Wir wissen nach der Identifikation des Wertstroms, wie unsere Produkte und Dienstleistungen zustande kommen. Jetzt müssen wir das Fluss-Prinzip einführen, damit der Prozess so ungehindert wie ein Fluss fließt.
In der Arbeitsorganisation und Arbeitsplanung denken wir manchmal in Abteilungsgrenzen. Das verursacht Engpässe und Arbeitsstopps. Führen wir entsprechend dem schlanken Management das Fluss-Prinzip ein, denken wir in der Fließrichtung des Produkts beziehungsweise Dienstleistung und räumen jeden Stein im Flussbrett aus dem Weg.
Das Unternehmen wird effizienter und effektiver. Wenn der Fluss kontinuierlich fließt, können das Projektcontrolling und die Projektsteuerung außerdem flexibel auf Veränderungen reagieren.
Prinzip IV: Ideale Auslastung durch das Pull-Prinzip
In herkömmlichen Fabriken wird produziert, was die Maschinen hergeben. Wir denken die Produktion mit anderen Worten aus der Sicht der Maschinen, was jedoch mehrere Nachteile hat.
Erstens muss die entstandene Überproduktion gelagert werden. Zweitens werden die fertig produzierten Teile regelmäßig transportiert und gesucht. Das kostet Zeit, Platz und Geld.
Drittens fallen durch einen maschinengetriebenen Prozess Überstunden an. Das führt viertens zur Überbelastung der Mitarbeiter.
Anstatt Produkte durch die Produktion zu drücken (push), nehmen wir im Lean Management die Kundensicht ein und ziehen die Produkte durch den Herstellungsprozess (pull).
Konkret produzieren wir im schlanken Management erst dann, wenn eine Bestellung eingeht oder sich die Bestände dem Ende neigen. Die Aufwandsschätzung wird dadurch erleichtert und Liefertermine können eingehalten werden.
Prinzip V: Perfektion als unerreichbares Ziel anstreben
Die berühmte Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach hat einmal gesagt: „Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört auf, gut zu sein.“ Dieses Prinzip finden wir auch in der japanischen Kultur und im Lean Management.
Ständige Verbesserung ist ein Muss in einer Welt, die sich andauernd verändert. Im Unternehmensumfeld gelingt das nur, wenn die Mitarbeiter jeden Prozess laufend hinterfragen und das Management für die Belegschaft ein offenes Ohr hat.
Wir werden niemals perfekt sein. Aber durch kontinuierliche Verbesserung bleiben wir oben auf und galoppieren der Konkurrenz davon.
5. Zwei bekannte Methoden des Lean Managements
Führungskräfte im Lean Management verfügen über mehr als nur eine Methode. Die Vielfalt ist groß, weshalb wir uns hier auf die zwei bekanntesten konzentrieren.
Vergessen Sie nie: Jede Methode zielt auf das Wohl der Kunden ab. Nicht das Unternehmen, sondern die Kunden stehen im Mittelpunkt aller Überlegungen.
5.1 Wertstromanalyse – machen wir Verschwendung sichtbar!
Die Methode der Wertstromanalyse ist ein guter Anfangspunkt für eine schlanke Transformation. Wir zeichnen dabei den gesamten Wertstrom mit Symbolen auf ein Blatt Papier und erkennen dadurch etwaige Verschwendung.
Mit anderen Worten machen wir durch die Methode den Ist-Zustand sichtbar.
Auf diese Weise sehen viele Führungskräfte und Mitarbeiter zum ersten Mal, dass sie unnötigen Aufwand betreiben. Sie verstehen, dass sie den Prozess verschlanken und damit effizienter arbeiten könnten.
5.2 5S Methode – räumen wir unsere Arbeitsplätze auf!
Die 5S Methode besteht aus fünf Schritten, die sowohl auf Japanisch als auch auf Deutsch mit dem Buchstaben „S“ beginnen. Wir säubern und ordnen durch die Methode unsere Arbeitsplätze, wodurch wir besser arbeiten können.
- Seiri (Sortieren): Im ersten Schritt entfernen wir alle Gegenstände von unserem Arbeitsplatz, die keinen unmittelbaren Nutzen haben.
- Seiton (Systematisieren): Wir ordnen die verbleibenden Gegenstände auf unserem Arbeitsplatz nach praktischen und ergonomischen Gesichtspunkten.
- Seiso (Säubern): Ein zentrales Element der 5S Methode ist das selbstständige Säubern des Arbeitsplatzes. Dadurch erkennen wir Mängel und können sie beseitigen.
- Seiketsu (Standardisieren): Wir erheben die drei ersten Schritte zur allgemeinen Regel. Alles wird zu jeder Zeit einheitlich gekennzeichnet, beschriftet und markiert.
- Shitsuke (Selbstdisziplin): Im Lean Management streben wir Perfektion an. Eines der Risiken ist dabei der Alltagstrott. Um Ordnung und Sauberkeit aufrechtzuerhalten, müssen wir diszipliniert sein.
6. Hürden, Risiken und Herausforderungen
Schlankes Management birgt Risiken. Denn vom Geschäftsführer über den Projektleiter bis hin zu jedem einzelnen Mitarbeiter müssen alle an einem Strang ziehen, was in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden ist.
- Wenn Mitarbeiter in alten Arbeits- und Denkmustern verhaftet bleiben, steigen die Risiken im schlanken Management.
- Mangelnde Teamfähigkeit ist jedem Prozess abträglich, besonders in verschlankten Systemen.
- Führungskompetenz zeigt sich während der Einführung von Lean Management anhand der Kooperation der Geschäftsführung. Fehlt diese, steigen die Risiken des Scheiterns.
- Ohne Plan und ohne Kenntnisse, völlig überstürzt in die schlanke Transformation zu starten, ist keine gute Idee.
- Die Risiken des Scheiterns können wir reduzieren, indem die Kosten der Transformation jedem im Vorhinein klar sind.
- Jeder im Unternehmen muss das gleiche Verständnis von Kundschaft und Qualität haben, sonst herrscht Verwirrung.
7. Begeisterung für die Verschlankung entfachen
Schlankes Management ist erfolgreich. Damit die schlanke Transformation gelingt, müssen alle Beteiligten von der Idee begeistert sein.
Sie sollten eine Methode immer unter Einbeziehung aller Beteiligten anwenden. Das stärkt den Teamgeist und das Zugehörigkeitsgefühl.
Leben Sie außerdem jede Methode selbst vor. Seien Sie das schlanke Management in Person und für alle Beteiligten greifbar und ansprechbar.
8. Die drei häufigsten Fragen zum Lean Management – kurz & knapp beantwortet
8.1 Was sind die 5 Lean Prinzipien?
- Kundensicht
- Wertstrom
- Fluss-Prinzip
- Pull-Prinzip
- Perfektion
Das Lean Management basiert auf den fünf Kernprinzipien. Wenn ein schlankes Management eingeführt wird, müssen wir das bestehende System hinsichtlich der fünf Prinzipien überprüfen.
8.2 Ist Lean Management eine Methode?
Lean Management ist keine Methode, sondern ein ganzheitlicher Ansatz. Auch als schlankes Management bezeichnet, besteht es aus verschiedenen Denkmustern, Methoden und Verfahrensweisen.
8.3 Was macht man im Lean Management?
Im Lean Management versucht man, unnötigen Aufwand zu verringern. Alle Tätigkeiten, die keinen Nutzen bringen und Ressourcen verschwenden, werden abgestellt.
Führungskompetenz im schlanken Management zeichnet sich durch Weisheit aus. Die komplette Rationalisierung, wie oft angeprangert, steht nicht im Vordergrund.