Wiedereingliederung nach Krankheit – so gelingt betriebliches Wiedereingliederungsmanagement
Was Sie aus diesem Beitrag mitnehmen werden
Dieser Artikel beschreibt, was berufliche Wiedereingliederung ist, welche gesetzlichen Grundlagen es dazu in der DACH-Region gibt und welcher Mehrwert damit sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer verbunden ist.
Finden Sie weiters heraus, welche zwei Verfahren zur Wiedereingliederung in Deutschland gängig sind und wie lange Krankengeld zusteht.
Erfahren Sie zudem anhand eines Praxisbeispiels, wie die gesetzlichen Krankenkassen, der behandelnde Arzt, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestmöglich zusammenarbeiten können, um den Wiedereinstieg nach einem Burn-out Krankenstand zu einem langfristigen Erfolg zu machen!
Abschließend werden Maßnahmen vorgestellt, die eine gelungene Rückführung an den Arbeitsplatz unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
Definition: was ist berufliche Wiedereingliederung?
Berufliche Wiedereingliederung bedeutet die schrittweise Rückkehr an Ihren Arbeitsplatz nach einem längeren Krankenstand.
Es handelt sich dabei für Arbeitnehmer um eine bewährte, erprobte und häufig erfolgreiche Möglichkeit ihre bisherige Arbeit nach einer längeren Krankheitsphase schrittweise und dosiert wieder aufzunehmen.
Im Rahmen der Wiedereingliederung ist sichergestellt, dass Arbeitnehmer nicht überlastet werden und dass am Arbeitsplatz Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die die Arbeitsbelastung senken und eine erneute Arbeitsunfähigkeit ausschließen.
Dies kann je nach gesetzlicher Grundlage generell in zwei Formen realisiert werden:
- In Form eines ärztlich betreuten Stufenplans, bei dem die Arbeitszeit allmählich im Wochen- oder Zweiwochentakt erhöht wird.
- Als individuellen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne ärztliche Aufsicht.
Die Bedeutung der Wiedereingliederung im beruflichen Umfeld
Niemand ist vor einer schweren Krankheit oder einem Unfall gefeit. Gesundheitliche Probleme führen zu den unterschiedlichsten Belastungen im familiären Umfeld und ebenso am Arbeitsplatz. Neben Arbeits- und Freizeitunfällen, die zu einem langfristigen Arbeitsausfall führen können, sind vor allem neurologische Erkrankungen wie Depressionen oder psychologische Risikosituationen wie Burn-out in den letzten Jahren stark angestiegen.
Allein die AOK in Deutschland zählte im Jahr 2021 durchschnittlich 6 Arbeitsunfähigkeitsfälle (AU) je 1.000 Mitglieder. Die Anzahl der Krankheitstage stieg auf fast 142 AU-Tage je 1.000 Mitglieder.
Es steht außer Frage, dass eine langfristige physische oder psychische Erkrankung viele Herausforderungen mit sich bringt. Vor allem im Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen diverse Fragen, die beantwortet werden müssen.
Viele der typischen Langzeiterkrankungen nehmen im Laufe von Wochen oder einigen Monaten einen positiven Verlauf. Durch Operationen, Krankenhausaufenthalte und Reha-Maßnahmen können beispielsweise körperliche Symptome nach einem Unfall gelindert oder geheilt werden. Eine Psychotherapie oder andere Therapieoptionen helfen Menschen mit psychischen Erkrankungen systematisch auf dem Weg zurück ins Arbeitsleben.
Für den Weg zurück ins Arbeitsleben gibt es in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz die Möglichkeit der betrieblichen oder stufenweisen Wiedereingliederung ins Berufsleben.
Sie ist ein Garant dafür, dass erkrankte Arbeitnehmer langsam und professionell begleitet und zumeist unter ärztlicher Aufsicht ins Arbeitsleben zurückkehren können.
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Rechtliche Grundlagen der Wiedereingliederung
In Deutschland, Österreich und in der Schweiz gibt es unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen, die beschreiben, wie eine Wiedereingliederung von Arbeitnehmern erfolgen kann.
Rechtslage in Deutschland
Name | Verpflichtend | Gesetzliche Grundlage |
---|---|---|
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) | ja | § 167 SGB IX |
Stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger Modell) | nein | § 74 SGB V § 44 SGB IX |
Rechtslage in Österreich
Name | Verpflichtend | Gesetzliche Grundlage |
---|---|---|
Wiedereingliederungsteilzeit | nein | Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG) |
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen in Österreich haben die Möglichkeit, gemäß des Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetzes (AVRAG), eine Wiedereingliederungsteilzeit zu vereinbaren.
Dabei können Arbeitnehmer Ihre Arbeitszeit reduzieren und Wiedereingliederungsgeld beziehen. Zusätzlich sind sie hinsichtlich ihrer pensionsversicherungsrechtlichen Ansprüche abgesichert.
Aber Achtung: Ein Anspruch auf Wiedereingliederungsteilzeit ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern muss schriftlich mit dem Arbeitgeber vereinbart werden.
Es liegt im Ermessen beider Vertragsparteien, sich für oder gegen das Modell der Wiedereingliederungsteilzeit als Wiedereingliederungsmaßnahme zu entscheiden.
Rechtslage in der Schweiz
Name | Verpflichtend | Gesetzliche Grundlage |
---|---|---|
Bundesgesetz über die Invalidenversicherung | ja | Bundesgesetz |
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) | ja |
Die Hauptverantwortung für die Wiedereingliederung in der Schweiz liegt bei der staatlichen Invalidenversicherung (IV). Zusätzlich können erkrankten Arbeitnehmer im Einzelfall Leistungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zustehen. Die Sozialversicherungen in der Schweiz basieren auf einem Drei-Säulen-Prinzip.
Die erste Säule ist die obligatorische staatliche Vorsorge, zu der auch die Invalidenversicherung gehört. Ihr Ziel besteht darin, die Existenz der versicherten Personen zu sichern.
Die berufliche Vorsorge, bekannt als zweite Säule, besteht aus Unfallversicherung und Pensionskasse und ergänzt die Leistungen der ersten Säule. Durch die berufliche Vorsorge ist es möglich, Versicherten den aktuellen Lebensstandard zu garantieren. Die dritte Säule besteht aus der individuellen privaten Vorsorge jedes Arbeitnehmers.
Konzepte der Wiedereingliederung in Deutschland
In Deutschland gibt es zwei Konzepte, die in der Praxis häufig unter dem Begriff „Wiedereingliederung“ gleichgesetzt werden:
- Stufenweise Wiedereingliederung (Hamburger Modell)
- Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
1. Stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell
Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell soll Arbeitnehmern helfen, nach längerer Arbeitsunfähigkeit in ihren früheren Beruf zurückzukehren. Ziel der Wiedereingliederung mit einem vorab definierten Stufenplan ist es, Arbeitnehmer schrittweise und unter ärztlicher Anleitung wieder an die volle Arbeitsbelastung zu gewöhnen.
Aus gesetzlicher Sicht ist die stufenweise Wiedereingliederung im § 74 des Sozialgesetzbuches Fünf (SGB V) geregelt.
Im Gegensatz zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) ist die Implementierung und Teilnahme an der stufenweisen Wiedereingliederung freiwillig.
Der Prozess dauert zwischen 6 Wochen und bis 6 Monate und kann bei Bedarf auf bis zu 12 Monate verlängert werden.
Der behandelnde Arzt ist als Lotse im System das Bindeglied zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und gesetzlicher Krankenkasse. Er gibt bei der Krankmeldung auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Art und den Umfang der möglichen Tätigkeiten an, die der Arbeitnehmer ausführen kann.
Der Arbeitnehmer bleibt bis zur vollständigen Genesung im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung krankgeschrieben und erhält weiterhin das festgelegte Krankengeld seiner gesetzlichen Krankenkasse oder eine andere Ersatzleistung von seinem Kostenträger.
Die Wiedereingliederung mit einem individuellen Stufenplan nach dem Hamburger Modell ist das in Deutschland am häufigsten angewendete Verfahren zum Wiedereinstieg eines Arbeitnehmers nach Krankheit.
2. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) verfolgt ähnlich wie das Hamburger Modell das Ziel, Arbeitnehmer bei einer schnellen Rückkehr in den Betrieb nach längerer Arbeitsunfähigkeit individuell zu unterstützen.
Im Gegensatz zur stufenweisen Wiedereingliederung sind Arbeitgeber verpflichtet, das betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen, sobald ein Mitarbeiter länger als 30 Tage im Kalenderjahr aufgrund ein und derselben Erkrankung ausgefallen ist.
Es ist hierbei unerheblich, ob die Krankheitsphasen am Stück aufgetreten sind oder der Angestellte immer wieder für einzelne Tage erkrankt ist. Mitarbeiter haben einen rechtlichen Anspruch auf das Eingliederungsmanagement.
Die gesetzliche Grundlage für das betriebliche Eingliederungsmanagement finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer im § 167 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) unter dem Oberbegriff „Prävention“.
Arbeitgeber und die gesetzlichen Krankenkassen setzen beim BEM auf spezifische Leistungen und Hilfen, um einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.
Diese Maßnahmen werden in einem persönlichen Gespräch, dem BEM-Gespräch, mit dem Mitarbeiter diskutiert, vereinbart und umgesetzt.
Folgend ein paar Beispiele zu Maßnahmen im Zuge des BEM:
- Arbeitsplatzbegutachtung durch den Betriebsarzt
- Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt
- Psychologische Diagnostik und Erstellung eines Leistungsprofils
- Umgestaltung des Arbeitsplatzes
- Veränderung der Tätigkeiten oder Arbeitszeit
- Veränderungen im Arbeitsablauf
- Wechsel des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz
- Begleitende und unterstützende Maßnahmen durch externe Partner, wie z.B. Coaches, Psychologen ect…
Wo liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen BEM und stufenweiser Wiedereingliederung?
Häufig werden die stufenweise Wiedereingliederung und betriebliches Eingliederungsmanagement gleichgesetzt, dabei handelt es sich dabei um verschiedene Methoden.
Beide haben gemeinsam, dass es sich um professionelle Verfahren handelt, um die Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern zu erhalten bzw. nach längerer Krankheit oder Verletzung zu fördern und eine schrittweise Rückkehr in die Arbeitswelt zu ermöglichen.
Dabei kann die stufenweise Wiedereingliederung eine Maßnahme des BEM sein.
BEM | Wiedereingliederung | |
---|---|---|
Rechtsanspruch | Ja, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 6 Wochen im Kalenderjahr dauert | Nein |
Ärztlicher Stufenplan | möglich – Wiedereingliederung kann eine Maßnahme sein | Ja |
Ziel | – Förderung der Rückkehr in die bisherige Tätigkeit bzw. Verhinderung krankheitsbedingter Ausfälle. – Ergebnis kann auch sein, dass dies nicht möglich ist | Rückführung auf den bisherigen Arbeitsplatz |
Ziel und Vorteile der Wiedereingliederung aus Arbeitgebersicht
Mit einer individuell geplanten Wiedereingliederung eines Mitarbeiters nach Krankheit verfolgt der Arbeitgeber vor allem das Ziel, seine Mitarbeiter langsam und schonend in den ursprünglichen Arbeitsalltag zu begleiten.
Diese strategische Herangehensweise hat aus Sicht des Unternehmens viele Vorteile:
- Hohe Identifikation des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen.
- Mitarbeiter kann weiterhin am alten Arbeitsplatz arbeiten.
- Kompetenzen und Kenntnisse des Mitarbeiters bleiben dem Unternehmen erhalten.
- Professioneller Wiedereinstieg durch enge Verzahnung mit dem behandelnden Arzt.
- Positive Effekte auf das Employer Branding durch Employee Advocacy.
So wie moderne Arbeitsbedingungen unterstützt auch eine professionelle Wiedereingliederung Arbeitgeber dabei, fachlich gut ausgebildete Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
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Läuft die Wiedereingliederung im Unternehmen professionell, individualisiert und erfolgreich ab, führt dies zu einer ausgeprägten Mitarbeiterzufriedenheit, über die auch außerhalb des Unternehmens positiv gesprochen wird.
Somit unterstützt eine erfolgreiche Wiedereingliederung Marketing Strategien, wie zB das Konzept der Employee Advocacy. Hierbei werben Mitarbeiter mit ihrer Stimmer insbesondere in sozialen Netzwerken für Unternehmen. Ein professionelles Wiedereingliederungsmanagement kann im Hinblick auf das Employer Branding die positive Außenwirkung des Unternehmens als attraktiven Arbeitgeber unterstützen.
Wie Arbeitnehmer von einer durchdachten Wiedereingliederung profitieren
Arbeitnehmer wünschen sich Wertschätzung für die geleistete Arbeit und benötigen ihren Arbeitgeber vor allem bei persönlichen Herausforderungen wie bei einer Langzeiterkrankung. Mitarbeiter, die aufgrund eines Unfalls oder einer ernsten Erkrankung langfristig ausfallen, haben von einer durchdachten Wiedereingliederung vor allem die folgenden Vorteile:
- Kein Arbeitsplatzverlust aufgrund der Krankheit.
- Hohe Sicherheit in einer persönlichen Ausnahmesituation.
- Ein zielorientierter Wiedereinstieg führt nicht zur erneuten Überforderung.
- Adaptierung des Wiedereingliederungsplans sichert langfristige Erfolge.
- Der Mitarbeiter identifiziert sich persönlich mit dem Unternehmen.
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Wiedereingliederung und Gehalt – diese finanzielle Kompensation ist bei Rückkehr gesetzeskonform
Im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) in Deutschland wird im § 3 eindeutig klargestellt, dass jeder Arbeitnehmer, der infolge einer unverschuldeten Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert wird, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat.
Während der Wiedereingliederung sind Sie weiterhin krank geschrieben. Daher bleibt Ihr Anspruch auf Krankengeld grundsätzlich erhalten.
In Deutschland beträgt die sogenannte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber sechs Wochen. In dieser Zeit erhält ein erkrankter Mitarbeiter sein vertraglich vereinbartes Gehalt. Nach sechs Wochen springt die gesetzliche Krankenkasse ein und zahlt bis zur Beendigung des Krankenstands Krankengeld statt Gehalt. Dieses beträgt zwischen 67 bis 70 Prozent des bisherigen Nettoentgelts. Erhalten Sie von Ihrem Arbeitgeber während der Wiedereingliederungsphase jedoch Entgeltzahlungen, dann verringert sich das Krankengeld entsprechend.
In Österreich sind Arbeitnehmer gesetzlich und je nach Arbeitsverhältnis zwischen 4 bis 12 Wochen geschützt und erhalten ihr vertraglich zugesichertes Gehalt in Form eines Krankengeldes weiter. Auch hier reduziert sich der Anspruch mit der Bezugsdauer oder mit einer Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber.
In der Schweiz zahlen Arbeitgeber häufig über den gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum von 3 Wochen den Lohn aus Fairnessgründen weiter. Ein gesetzlicher Anspruch auf längere Weiterzahlung besteht aber nicht.
Wie lange dauert der Antrag auf Wiedereingliederung und wer zahlt die Kosten?
Eine Wiedereingliederung muss in Deutschland beantragt werden, da mit der Prüfung des Wiedereingliederungsplans bestimmt wird, welcher Kostenträger die Finanzierung der Wiedereingliederung übernimmt. Findet die stufenweise Wiedereingliederung unmittelbar nach einer Rehabilitationsmaßnahme statt, ist es zielführend, den Antrag bereits während der Rehabilitation zu stellen.
Die Abteilung Sozialberatung der Rehabilitationsklinik wird zusammen mit dem Arzt und dem erkrankten Mitarbeiter den Antrag ausfüllen und den Wiedereingliederungsplan erstellen. Die Bearbeitungsdauer beträgt in der Regel wenige Tage oder Wochen.
Arbeitnehmer können in Absprache mit dem behandelnden Arzt ebenfalls einen Antrag auf Wiedereingliederung stellen. Der Kostenträger wird in Deutschland anhand der Maßnahme zur Rehabilitation bestimmt:
- Gesetzliche Rentenversicherung: Wiedereingliederung nach einer medizinischen Reha-Maßnahme innerhalb von 4 Wochen.
- Gesetzliche Krankenversicherung: Verpflichtet zur Zahlung von Krankengeld, wenn die Wiedereingliederung nicht innerhalb von 4 Wochen beginnt.
- Agentur für Arbeit: Agentur für Arbeit zahlt unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitslosengeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung.
- Unfallversicherung: Bei einer Reha aufgrund eines Arbeitsunfall oder einer anerkannten Berufskrankheit zahlt der Unfallversicherungsträger Verletztengeld.
Info: Für Versicherte, die nach ihrem Aufenthalt in einer Reha-Einrichtung weiterhin arbeitsunfähig sind, muss von der Reha-Einrichtung eine Checkliste zur schrittweisen Wiedereingliederung an die Krankenkasse und den Rentenversicherungsträger versandt werden.
In dieser Checkliste werden der Bedarf, die individuellen Hindernisse und die Notwendigkeit einer Wiedereingliederung dokumentiert.
Wiedereingliederung und Urlaub – ist das möglich?
Während einer Wiedereingliederungsmaßnahme ist es nicht möglich, Urlaub zu nehmen. Dies liegt daran, dass der Mitarbeiter während der Wiedereingliederungsphase weiterhin krankgeschrieben ist und keinen Urlaubsanspruch erwirbt.
Die Dauer der Wiedereingliederung verkürzt aus diesem Grund den Anspruchszeitraum für Urlaub entsprechend. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel: In Abstimmung mit dem Arbeitgeber und dem Sozialversicherungsträger kann in Ausnahmefällen Erholungsurlaub gewährt werden.
Nach vollständiger Eingliederung in den Arbeitsalltag und Beendigung des Krankenstands ist der Mitarbeiter wieder berechtigt, Urlaub zu nehmen.
Krank während Wiedereingliederung – was sind die Folgen?
Im Falle einer Krankheit während der Wiedereingliederungsmaßnahme können Arbeitnehmer die Maßnahme für bis zu sieben Tage unterbrechen. Diese Pause muss im Stufenplan vermerkt werden. Wenn die Krankheitsphase länger andauert, wird die Wiedereingliederung als nicht erfolgreich betrachtet und abgebrochen.
Praxisbeispiel: So kann eine gelungene Wiedereingliederung funktionieren
Das Ziel jeder Wiedereingliederung am Arbeitsplatz besteht darin, den erkrankten Arbeitnehmer langsam an die alte Arbeitsbelastung zu gewöhnen, ohne eine erneute Erkrankung zu riskieren. Hierfür wird ein individueller Wiedereingliederungsplan zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und behandelndem Arzt ausgearbeitet. Das folgende Praxisbeispiel verdeutlicht, wie ein Wiedereingliederungsplan professionell aufgebaut sein kann.
Wiedereingliederung Stufenplan Beispiel
Die 42-jährige Mitarbeiterin Steffi Müller, die im Business-Development tätig ist, erkrankte im Juli 2022 aufgrund persönlicher und beruflicher Umstände an einem Burn-out.
Sie fiel über insgesamt 4 Monate aus und hat mit ihrem behandelnden Arzt und dem Arbeitgeber den folgenden Wiedereingliederungsplan ausgearbeitet.
Frau Müller startete zum 01.11.2022 in die Wiedereingliederung, die auf insgesamt 12 Wochen angesetzt war. Sie erhält in dieser Zeit Krankengeld.
Arbeitszeit pro Tag | Aufgaben der Mitarbeiterin | Belastungen, die vermieden werden sollten | |
---|---|---|---|
Woche 1 -2 | 2 Stunden | ✔️ Meeting mit Kollegen ✔️ Administrative Tätigkeiten ✔️ 1 Kundengespräch pro Tag ✔️ Informationsweitergabe | Ø Zu viele Telefonate Ø Anspruchsvolle Aufgaben Ø Zeitdruck |
Woche 3 – 6 | 3 Stunden | ✔️ Meeting mit Kollegen ✔️ Administrative Tätigkeiten ✔️ 2 Kundengespräche pro Tag ✔️ Teilnahme am bereichsüber-greifenden Meeting mit Vertrieb | Ø Zu viele Telefonate Ø Anspruchsvolle Aufgaben Ø Zeitdruck |
Woche 7 – 10 | 5 Stunden | ✔️ Meeting mit Kollegen ✔️ Administrative Tätigkeiten ✔️ 4 Kundengespräche pro Tag ✔️ Teilnahme am bereichsüber-greifenden Meeting mit Vertrieb | Ø Zu viele Telefonate Ø Zeitdruck |
Woche 11 | 6 Stunden | ✔️ Alle vor der Erkrankung zu erfüllenden Aufgaben werden ausgeführt ✔️ Einschränkung: Teampartnerin steht zur Verfügung, wenn der Workload zu hoch wird | |
Woche 12 | 8 Stunden | ✔️ Alle vor der Erkrankung zu erfüllenden Aufgaben werden ausgeführt |
Am Beispiel kann gut abgelesen werden, dass die dosierte Übernahme von Aufgaben und das langsame Aufbauen der Arbeitsintensität entscheidend ist, um die Wiedereingliederung am Arbeitsplatz zu einem Erfolg zu machen.
Maßnahmen und Unterstützung während der Wiedereingliederung
Damit eine Wiedereingliederungsmaßnahme gelingt, muss vor allem der Arbeitgeber empathisch auf den erkrankten Mitarbeiter eingehen, seinen Beitrag zum Wiedereinstieg wertschätzen und durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass der Angestellte nicht überlastet wird. Damit die Wiedereingliederung gelingt, sollte der Arbeitgeber sich auf die folgenden Bereiche konzentrieren:
- Arbeitszeit- und Tätigkeitsanpassung.
- Betreuung und Kommunikation am Arbeitsplatz.
- Soziale und psychologische Unterstützung.
- Einbindung aller Beteiligten.
- Kommunikation und Transparenz.
- Umgang mit möglichen Hindernissen.
Arbeitszeit- und Tätigkeitsanpassung
Arbeitgeber stellen für die Phase der Wiedereingliederung den Arbeitsplatz zur Verfügung. Weitere Kosten für Lohn und Gehalt entstehen bis zum Abschluss der Wiedereingliederung nicht. Bei der Frage der Arbeitszeit und bei den auszuführenden Tätigkeiten sind Arbeitgeber vor allem bei der stufenweisen Wiedereingliederung auf den behandelnden Arzt angewiesen. Dieser entscheidet im Wiedereingliederungsplan, wie lange ein Angestellter arbeiten und welche Tätigkeiten er ausführen darf.
Beim betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) besprechen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Augenhöhe, welche konkreten Schritte im Rahmen der Wiedereingliederung praktikabel sind. Wird auffällig, dass innerbetriebliche Gründe für die Fehlzeiten ausschlaggebend waren, sollten Arbeits- und Tätigkeitsanpassungen im Konsens mit dem Arbeitnehmer vorgenommen werden.
Betreuung und Kommunikation am Arbeitsplatz
Kommt ein erkrankter Mitarbeiter im Rahmen der Wiedereingliederung nach Wochen oder Monaten der Abwesenheit an den Arbeitsplatz, ist eine wertschätzende und nutzenorientierte Kommunikation essenziell.
Eine professionelle Kommunikation beinhaltet auch, Kollegen, Teampartner und andere Beteiligte über den aktuellen Status und den Wiedereingliederungsplan zu informieren.
In der Praxis hat es sich als zielführend erwiesen, einen Ansprechpartner im Rahmen der Wiedereingliederung zu benennen, der jederzeit für Fragen zur Verfügung steht. Hierbei sollte es sich nicht um den Vorgesetzten handeln.
Vielmehr kann ein unbeteiligter Kollege oder Teampartner, der wertschätzend und zielorientiert kommuniziert, dazu beitragen, dass sich der Mitarbeiter in Wiedereingliederung am Arbeitsplatz zurechtfindet, über Herausforderungen spricht und nicht erneut überlastet.
Soziale und psychologische Unterstützung
Der sozialen und psychologischen Unterstützung kommt gerade bei Mitarbeitern, die an psychischen Erkrankungen leiden, eine besondere Bedeutung zu. Die fachliche psychologische Unterstützung im Rahmen der Wiedereingliederung übernimmt in der Regel der behandelnde Haus- oder Facharzt.
Unternehmen können vor allem Unterstützung im sozialen Bereich bieten. Wertschätzung und Empathie, eine offene Gesprächskultur und ein fester Ansprechpartner während der Wiedereingliederung nach einer längeren Erkrankung sind wirksame Hilfsmittel, die einen echten Benefit darstellen.
Einbindung aller Beteiligten
Die Wiedereingliederung von Mitarbeitern, die über eine längere Zeit aufgrund einer Erkrankung im Betrieb fehlen, ist Teamarbeit.
Das Team besteht in diesem Fall aus Externen, wie dem behandelnden Arzt und Mitarbeitern der Krankenkasse sowie Internen wie dem direkten Vorgesetzten, Kollegen und anderen im Unternehmen Verantwortlichen.
Arbeiten alle Beteiligten konstruktiv und im Sinne des erkrankten Mitarbeiters an einer professionellen Wiedereingliederung, wird diese gelingen.
Ist der Mitarbeiter Spielball zwischen dem behandelnden Arzt und dem Unternehmen, sinken die Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung.
Kommunikation und Transparenz
Kommunikation ist ein Schlagwort unserer Zeit. Im Rahmen einer Wiedereingliederung bedarf es einer nutzenorientierten Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Auch der erkrankte Mitarbeiter steht in der Verantwortung, Fortschritte bei der Wiedereingliederung oder Herausforderungen proaktiv zu kommunizieren.
Transparenz im Unternehmen wird zusätzlich dabei helfen, dass dem Angestellten die bestmögliche Hilfe angeboten werden kann, um langfristig zu genesen und seiner gewohnten beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Umgang mit möglichen Hindernissen
Jede Wiedereingliederung ist so individuell wie der Mitarbeiter und seine gesundheitlichen Herausforderungen. Es liegt auf der Hand, dass es bei der Wiedereingliederung Hindernisse, Herausforderungen und Rückschläge geben wird. Bei einer offenen Kommunikationskultur im Unternehmen sind Hindernisse und Rückschläge der Grundstein zur Adaptierung des Wiedereingliederungsplans.
Eine konstruktive und objektive Herangehensweise aller Beteiligten an Herausforderungen ist der Schlüssel zu einer geglückten Wiedereingliederung.
Letztlich geht es um einen Menschen, dem geholfen werden soll, seine gesundheitlichen Herausforderungen zu überwinden und wieder Teil des Unternehmens zu werden. Dies zu erreichen, ist alle Mühen wert.
Wiedereingliederung nach Krankheit – in der Praxis millionenfach erprobt und erfolgversprechend
Eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell oder ein professionelles betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) sind erfolgversprechend, wenn der erkrankte Mitarbeiter zu jeder Zeit im Fokus steht.
Die Bedeutung der Wiedereingliederung für den Mitarbeiter und das Unternehmen sollte nicht unterschätzt werden. Fachkräfte sind aus Arbeitgebersicht wertvoll und Arbeitnehmer suchen heute Unternehmen, die Wertschätzung und Empathie zeigen und die mitarbeiterzentriert denken.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereingliederungsmaßnahme sind gering. Unternehmen stehen in der Verantwortung, die rechtlichen Grundlagen der Wiedereingliederung zu beachten. Dem behandelnden Arzt kommt als Lotse im System ebenfalls eine wichtige Position zu. Er unterstützt Mitarbeiter darin, die Arbeitszeiten und Tätigkeiten mit Bedacht anzupassen, soziale und psychologische Hilfe zu gewährleisten und alle Beteiligten objektiv und vertrauensvoll einzubinden.
Häufige Fragen – FAQ:
Was sind die Voraussetzungen für eine Wiedereingliederung?
Der erkrankte Arbeitnehmer muss in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein. Zusätzlich muss er seit mindestens sechs Wochen erkrankt und gleichzeitig teilweise belastbar sein. Eine Zustimmung aller Beteiligten ist ebenfalls nötig, um den Prozess der Wiedereingliederung zu starten. Die individuellen Schritte der Rückkehr werden vom behandelnden Arzt bestimmt und eng begleitet.
Wie viele Stunden muss man bei einer Wiedereingliederung arbeiten?
Vollzeitbeschäftigte müssen während der Wiedereingliederung mindestens 2 Stunden pro Tag arbeiten. Die Arbeitszeit wird in der Folge schrittweise erhöht, bis sie den ursprünglichen Umfang erreicht. Arbeitszeiten können individuell angepasst werden, sodass der Arbeitnehmer im Rahmen des Wiedereinstiegs nicht überlastet.
Wie funktioniert Wiedereingliederung einfach erklärt?
Eine effektive Methode für den Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer Krankheit ist die stufenweise Wiedereingliederung. Dabei kehrt ein erkrankter Arbeitnehmer schrittweise in seinen Job zurück. Die Arbeitszeit wird in Etappen gesteigert und es werden entsprechend dem aktuellen Leistungsvermögen angepasste Aufgaben im Unternehmen übernommen. Der Mitarbeiter erhält Krankengeld statt Gehalt.