Arbeitszeiterfassungspflicht in Österreich: Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Arbeitszeitaufzeichnungen

Autor: Nina Zimmer
Kategorien: Rechtliches
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In Österreich ist die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung schon lange gesetzlich vorgeschrieben. Somit haben Sie als Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiter zu führen.

Damit Sie umfassend darüber informiert sind, welche Pflichten Sie konkret erfüllen müssen, haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Zeiterfassung in Österreich

Schon gewusst?

Mit dem Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung vom 14. Mai 2019 sind Arbeitgeber EU-weit verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch und lückenlos zu erfassen. An der Gesetzeslage zur Zeiterfassungspflicht in Österreich hat sich bisher nichts geändert, da bereits eine umfassende Verpflichtung zur Arbeitszeitaufzeichnung besteht.

1. Wo ist die Arbeitszeiterfassungspflicht gesetzlich geregelt?

Arbeitszeiterfassungspflicht gesetzlich geregelt

Die Zeiterfassungspflicht ist im § 26 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) vorgeschrieben.

Demnach müssen Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter dokumentieren, um die Überwachung und Einhaltung der gesetzlichen Schutzbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, wie die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit, Ruhepausen oder Überstundenarbeit, sicherzustellen.

2. Wer kann die Zeitaufzeichnung führen?

Die Pflicht zur Zeiterfassung liegt beim Arbeitgeber, der die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter korrekt erfassen muss. 

Der Arbeitgeber hat jedoch die Möglichkeit, einen verantwortlichen Beauftragten für die Aufzeichnungspflicht zu bestellen. Für die Wirksamkeit dieser Bestellung ist gewöhnlich eine schriftliche Anzeige bei der Arbeitsinspektion erforderlich, einschließlich eines Nachweises über die Zustimmung des Beauftragten. Nur ein leitender Angestellter, dem maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, kann als Beauftragter fungieren.

Überträgt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer selbst die Führung der Arbeitszeitaufzeichnungen, bleibt der Arbeitgeber dennoch für die korrekte Einhaltung der Aufzeichnung verantwortlich (§ 26 Abs. 4 AZG). Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer entsprechend anleiten, die Aufzeichnungen einfordern und auf ihre Richtigkeit überprüfen.

3. Welche Betriebe müssen Arbeitszeitaufzeichnungen führen?

Grundsätzlich müssen alle Betriebe und Dienstgeber, einschließlich Kleinbetriebe mit nur einem oder wenigen Mitarbeitern, der Aufzeichnungspflicht nachkommen. 

4. Für welche Gruppe von Arbeitnehmern gilt die Aufzeichnungspflicht für Arbeitszeiten?

Sie müssen die Arbeitszeiten für jene Arbeitnehmer dokumentieren, die unter das Arbeitszeitgesetz (AZG) bzw. das Arbeitsruhegesetz (ARG) fallen. Das gilt auch dann, wenn diese Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten oder geringfügig beschäftigt sind. 

Gruppe von Arbeitnehmern

4.1. Welche Ausnahmen gibt es?

Leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 8 AZG müssen keine Arbeitszeitaufzeichnungen führen.

5. Was muss eine korrekte Arbeitszeiterfassung beinhalten bzw. welche Zeiten müssen dokumentiert werden?

Da die Arbeitszeiterfassung zur Überprüfung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen dient, müssen daraus grundsätzlich folgende Informationen hervorgehen:

Tagesarbeitszeit
“Ist-Arbeitszeit”
Sie müssen die Uhrzeiten (Beginn und Ende) und die Dauer der täglichen Arbeitszeit für jeden Arbeitnehmer pro Kalendertag protokollieren.
Dabei ist es unerheblich, welche Tätigkeiten während der Arbeitszeit ausgeführt werden; entscheidend ist nur, dass es sich im rechtlichen Sinne um Arbeitszeit handelt. Auch Außendiensteinsätze, Reisebewegungen oder betrieblich notwendige Fortbildungen zählen generell zur Arbeitszeit und müssen somit erfasst werden.
RuhepausenDie Arbeitszeitaufzeichnungen müssen auch Angaben zu den Ruhepausen gem. § 11 AZG enthalten. Da die gesetzliche Ruhepause von mind. 30 Minuten spätestens nach der 6. Arbeitsstunde konsumiert werden muss, sollten Sie neben der Dauer auch die genaue Lage (Beginn und Ende) der Pause festhalten, unabhängig davon, ob die Pause bezahlt oder unbezahlt ist.
WochenarbeitszeitAuch die Summe der geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit muss ohne großen Aufwand kontrollierbar sein. Deshalb sollte die korrekte Wochenarbeitszeit am Stundenzettel ablesbar sein.
ÜberstundenSpätestens in der Lohnabrechnung müssen Überstunden korrekt ausgewiesen werden. Basis dafür sind die Arbeitszeitaufzeichnungen.
Tägliche RuhezeitWenn Sie täglich den Beginn und das Ende der Arbeitszeit dokumentieren, ist die Dauer der täglich einzuhaltenden Ruhezeit berechenbar. Diese beträgt gem. AZG mind. 11 Stunden.
Die tägliche Ruhezeit  ergibt sich aus der Endzeit des Arbeitstages 1 und der Beginnzeit von Arbeitstag 2.
Wöchentliche RuhezeitWährend der wöchentlichen Ruhezeit dürfen Arbeitnehmer allgemein nicht beschäftigt werden. Sie umfasst mindestens 36 Stunden und muss den Sonntag mit einschließen. Die Einhaltung wird kontrolliert, indem vom Arbeitsbeginn am Montag 36 Stunden zurückgerechnet wird. Somit erfüllen die Arbeitszeitaufzeichnungen die Vorgabe, wenn Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit erfasst werden.
Arbeitszeiten während Ruhezeiten und an FeiertagenWenn Arbeitnehmer während der täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit, der Ersatzruhe oder an Sonn- oder Feiertagen arbeiten, müssen zumindest Ort, Dauer und Art der Beschäftigung im Rahmen der Arbeitszeiterfassung festgehalten werden.
DurchrechnungszeitraumBei Arbeitszeitmodellen mit Durchrechnungszeitraum ist der Beginn und die Dauer der Durchrechnung zu notieren.

5.1. Gibt es bestimmte Sonderregelungen?

5.1.1. Ruhepausen – Entfall der Aufzeichnungspflicht (§ 26  Abs. 5 AZG)

Die Aufzeichnung der Ruhepause kann mit einer Betriebsvereinbarung oder schriftlichen Einzelvereinbarung nur dann entfallen, wenn Beginn und Ende der Ruhepause festgelegt und von dieser Vereinbarung nicht abgewichen wird. 

Pause

Auch wenn es den Arbeitnehmern selbst überlassen bleibt, innerhalb eines festgelegten Zeitraumes die Ruhepause zu nehmen, entfällt die Aufzeichnungspflicht.

5.1.2. Gleitzeit

Im Fall einer Gleitzeitvereinbarung müssen zu den oben genannten Inhalten auch Beginn und Dauer des Durchrechnungszeitraumes dokumentiert werden (§ 26 Abs. 1 AZG).

Erfassen bei Gleitzeit die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten selbst, trifft Sie als Arbeitgeber gesetzlich eine besondere Sorgfaltspflicht, denn Sie müssen jedenfalls sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter die Arbeitszeiterfassung ordnungsgemäß durchführen und sie dabei entsprechend anleiten (§ 26 Abs. 2 AZG). Am Ende der Gleitzeitperiode müssen Sie zudem die Aufzeichnungen kontrollieren und an Ihre Mitarbeiter aushändigen. 

5.1.3. Saisonbetriebe (§ 26 Abs. 2a AZG)

Bei einer Verkürzung der Ruhezeiten dürfen die Arbeitszeitaufzeichnungen nur vom Arbeitgeber geführt werden. Dabei sind die verkürzten Ruhezeiten sowie der Beginn und das Ende der Saison genau zu dokumentieren.

5.1.4. Arbeitsort und Homeoffice (§ 26 Abs. 3 AZG)

Für Arbeitnehmer, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen dürfen, gilt, dass nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit erfasst werden muss. 

Ausreichend wäre somit eine bloße Saldenaufzeichnung, also die Tagessumme der Arbeitszeit. Auch für Mitarbeiter im Homeoffice wäre mit dieser vereinfachten Form die Zeiterfassungspflicht erfüllt.

Dennoch müssen Sie sicherstellen, dass Mitarbeiter auch bei der Arbeit von zuhause aus die gesetzlichen Ruhepausen und Ruhezeiten einhalten.

5.1.5. Dienstplan bzw. feste Arbeitszeiteinteilung (§ 26 Abs. 5a AZG)

Arbeiten Ihre Mitarbeiter nach einer im Vorhinein festgelegten Arbeitszeiteinteilung, müssen Sie am Ende jeder Entgeltzahlungsperiode (meist am Ende des Kalendermonats) die Einhaltung der dokumentierten Zeiten bestätigen und nur Abweichungen davon extra festhalten. Die Bestätigung des Arbeitnehmers ist im Falle von Streitigkeiten für die Verwertbarkeit als Beweis vor Gericht jedoch enorm wichtig.

5.2. Zusätzliche Pflichten

  • Sie müssen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen Einsicht in die Arbeitszeitaufzeichnungen gewähren.
  • Erfassen Ihre Mitarbeiter die Arbeitszeiten nicht selbst, können diese gem. § 26 Abs. 8 AZG einmal pro Monat die Übermittlung von kostenfreien Arbeitszeitaufzeichnung vom Dienstgeber verlangen. Kommt der Dienstgeber trotz Verlangens diesem Ansuchen nicht nach, dann bewirkt dies die Hemmung der Verfallsfristen, solange die Übermittlung verwehrt wird.

6. Wie muss die Arbeitszeit in Österreich erfasst werden?

Wie die Arbeitszeitaufzeichnung zu erfolgen hat, ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Es bleibt daher Ihnen überlassen, welche Zeiterfassungsmethode Sie wählen. Sie können entscheiden, ob Sie händische Aufzeichnungen mit Papierzettel, Excel oder eine moderne Zeiterfassungssoftware, wie timr, nutzen möchten. Wichtig ist, dass Sie mit Ihrem Zeiterfassungssystem alle gesetzlichen Anforderungen einhalten.

Eine Übersicht über die gängigen Zeiterfassungsmethoden finden Sie hier.

Expertentipp

Verabschieden Sie sich am besten gleich vom Papierchaos und der mühsamen Kontrolle der Arbeitszeiten. Nutzen Sie die zahlreichen Vorteile einer digitalen Zeiterfassung wie timr: einfache Bedienung, Rechtskonformität, digitale Urlaubsverwaltung, mobile Zeiterfassung, automatische Überprüfung gesetzlicher Bestimmungen und vieles mehr!

7. Wie lange müssen die Arbeitszeitaufzeichnungen aufbewahrt werden?

Grundsätzlich müssen Sie die Aufzeichnungen ein Jahr lang aufbewahren. Bei Arbeitszeitmodellen mit Durchrechnungszeitraum beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Ende der Durchrechnungsperiode.

Aber Achtung

Erweiterte Fristen gelten für Jugendliche und Lenker, hier müssen Arbeitgeber die dokumentierten Arbeitszeiten zwei Jahre lang aufbewahren.

Zudem ergeben sich aus unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften für Arbeitszeitaufzeichnungen in der Praxis meistens noch viel längere Aufbewahrungsfristen (bis zu 7 Jahre). Prüfen Sie deshalb genau, welche Aufbewahrungsfrist auf Sie zutrifft!

Info

8. Wer kontrolliert die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben?

Die Arbeitsinspektion ist für die Überprüfung der Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung ihrer Pflichten gem. AZG und Arbeitszeiterfassung zuständig. 

Expertentipp

Bei Unsicherheiten in Punkto Arbeitszeit, Arbeitsschutz und Arbeitszeiterfassung können Sie Informationen und Unterstützung auch direkt bei der Arbeitsinspektion anfordern! Link: https://www.arbeitsinspektion.gv.at/

9. Was sind die Konsequenzen bei Verstößen gegen die Arbeitszeitaufzeichnungspflicht?

Bei Verstößen gegen die Arbeitszeiterfassungspflicht drohen Ihnen als Arbeitgeber Verwaltungsstrafen in Form von finanziellen Strafen (§ 28 Abs. 8 AZG).

Die Höhe der finanziellen Strafen hängt davon ab, ob Arbeitszeitaufzeichnungen mangelhaft geführt oder gar nicht erstellt wurden. 

  • Bei mangelhaften oder unvollständigen Aufzeichnungen beträgt der Strafrahmen zwischen EUR 20,00 und EUR 436,00 (§ 28 Abs. 1 AZG).
  • Wenn überhaupt keine Arbeitszeitaufzeichnungen vorliegen, erhöht sich der Strafrahmen auf EUR 145,00 bis EUR 1.815,00 (§ 28 Abs. 2 AZG).

Wichtig zu wissen

Verstöße für jeden einzelnen Arbeitnehmer werden gesondert geahndet, wenn das Fehlen der Aufzeichnungen es dem Arbeitsinspektorat unmöglich oder unzumutbar macht, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit festzustellen (§ 28 Abs. 8 AZG).

Außerdem müssen Sozialversicherungsbeiträge, die aufgrund unvollständiger Zeitaufzeichnungen zu niedrig angesetzt wurden, samt Zinsen nachgezahlt werden.Das Fehlen von Arbeitszeitaufzeichnungen kann auch bei einer gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB-Prüfung) zu erheblichen Problemen führen. Über die Lohnverrechnung ausbezahlte Überstunden oder genutzte Steuerbefreiungen werden möglicherweise nicht anerkannt, wenn die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten nicht nachgewiesen werden können. Darüber hinaus besteht die Gefahr, gegen das Lohn- und Sozialdumpinggesetz zu verstoßen, was zu sehr hohen Strafen führen kann.